Donnerstag, 22. November 2007

Geburtsschmerz

www.GeschlechterStudien.de

- Tatsache oder Meinungstrend? -

Geburt

DIE ALTHERGEBRACHTE MEINUNG:


Der Mann ist das starke Geschlecht. Für Männer gilt: Ein Indianer kennt keinen Schmerz!

DAS POPULÄRE VORURTEIL:

Der Geburtsschmerz ist der stärkste vorstellbare Schmerz überhaupt. Daher sind Frauen besonders schmerzunempfindlich.

Kein Mann könnte jemals den Schmerz einer Geburt überstehen, denn Männer sind schmerzempfindlicher als Frauen.

DIE WAHRHEIT:

Es gibt nachweislich wesentlich schmerzhaftere Dinge als den Geburtsschmerz. Diesen Dingen waren in der Geschichte hauptsächlich Männer ausgesetzt. Daher sind, wie auch die Schmerzforschung beweist, Männer besonders schmerzunempfindlich.

Zu den Glanzzeiten der Emanzipationsbewegung, und teilweise noch heute, wurde intensiv das falsche Gerücht gestreut, der Geburtsschmerz sei der stärkste vorstellbare Schmerz überhaupt, um Frauen als besonders belastbar darzustellen.

Viele Frauen empfinden eine Geburt deshalb als so furchtbar schmerzhaft und belastend, weil Frauen von Natur aus weniger schmerztolerant und belastbar sind. Objektive Messungen bei den unterschiedlichsten Experimenten der Schmerzforschung haben ergeben: Frauen klagen beim gleichen Schmerzreiz schneller und mehr über Schmerzen als Männer. Sie klagen beim gleichen Schmerzreiz über eine höhere Schmerzintensität, und sie neigen dazu, schneller unter Schmerzen zu dekompensieren.

Die Ergebnisse der Schmerzforschung zeigen: Männer könnten die Belastung einer Geburt besser überstehen als Frauen.

Warum gilt Gebären als so schmerzhaft?

Frauenbewegung


Kinder kriegen gilt in unserer Kultur als eine ausgesprochen schmerzhafte und belastende Prozedur. Oftmals wird sogar behauptet, es gäbe nichts anstrengenderes, belastenderes und schmerzhafteres als eine Geburt. Für die Entstehung und Verbreitung dieser Thesen gibt es mehrere Ursachen:

Besonders in den Glanzzeiten der Frauenbewegung, aber auch heute noch, wurde händeringend nach Beweisen gesucht, die belegen sollten, dass nicht die Männer das starke Geschlecht sind, sondern dass Frauen widerstandsfähiger, zäher, schmerzresistenter und im Großen und Ganzen stärker sind als Männer.

So wurden Thesen erfunden, die als Sensationsmeldungen durch die Presse schwirrten. Viele dieser Thesen haben sich so sehr in die Köpfe festgesetzt, dass sie auch heute noch als selbstverständlich angesehen werden und auch heute noch immer wieder durch die Medien geistern.

Dass bloße Thesen und Vorurteile als Tatsachen aufgefasst werden ist nicht ungewöhnlich und auch auf anderen Gebieten gang und gäbe. So glauben noch heute viele Menschen, dass sich Lemminge in einer Form des Massensuizids ins Meer stürzen, dass Spinat besonders viel Eisen enthält, usw.

Das Lemming-Märchen hat seine Ursache in einem einzigen Walt Disney Film, in dem man die Lemminge unfreiwilligerweise (!) ins Meer gestoßen hat, um dem Film eine gewisse Dramaturgie zu verleihen. Die Spinat-Eisen-These rührt nicht etwa daher, dass man sich in einer Kommastelle vertan hat (noch so ein Gerücht!), sondern weil man nicht berücksichtigt hatte, dass der Eisengehalt der Trockenmasse errechnet worden war.

Wir sehen: Es ist nicht schwer, Gerüchte zu streuen. Viel schwerer ist es, sie wieder aus der Welt zu schaffen!

So ist es auch mit der These, der Geburtsschmerz sei unübertreffbar und so für die angeblich viel schmerzempfindlicheren Männer nicht überstehbar.

Natürlich ist es irgendwie verständlich, dass man diese Märchen erfunden und unters Volk gebracht hat, um den Frauen mehr Anerkennung und Respekt zu verschaffen. Anderseits ist der Schuss gründlich nach hinten losgegangen, denn man hat den Frauen nicht in jeder Hinsicht einen Gefallen damit getan, indem man ihnen eingeredet hat:

„Wenn du ein Kind bekommst wirst du die stärksten aller vorstellbaren Schmerzen erleben. Diese Schmerzen sind so stark, dass dein Mann sogar daran sterben würde.“

Mit solchen Aussagen macht man Frauen unnötig Angst. Selbst wenn diese Angst oder die Erwartung unerträglicher Schmerzen bei der Frau nur unterschwellig vorhanden ist, so löst sie dennoch psychosomatische Reaktionen aus, die bewirken, dass die Frau den Geburtsschmerz tatsächlich viel schlimmer erlebt, als er eigentlich ist. Weiterhin kann es durch solch eine unterschwellige Erwartungshaltung zu inneren Verspannungen kommen, die den Geburtsvorgang um etliche Stunden hinauszögern können. Moderne Hebammen, die wissen, dass der Geburtsschmerz objektiv betrachtet keineswegs so stark ist, wie oft behauptet wird, haben viel Mühe, den Frauen die Angst vor einer natürlichen Entbindung zu nehmen.

Schmerzempfindliche Frauen

Die Ergebnisse der modernen Schmerzforschung kann man folgendermaßen zusammenfassen (siehe Kapitel „Schmerzforschung“):

  1. Frauen klagen beim selben Schmerzreiz schneller darüber Schmerzen zu haben.
  2. Frauen beklagen bei demselben Schmerzreiz eine höhere Schmerzintensität als Männer.
  3. Frauen beklagen denselben Schmerzreiz schneller als nicht mehr ertragbar.
  4. Frauen geben schneller auf bei Tätigkeiten, die mit Schmerzen verbunden sind.

Die populären Vorurteile, die auch größtenteils aus den Glanzzeiten der Frauenbewegung stammen, besagen, dass Männer schmerzempfindlicher seien als Frauen. Demnach könnten sie den Schmerz einer Geburt nicht überstehen.

Diese Argumentationsweise ist durchaus logisch: Wer schmerzempfindlicher ist wird auch schneller unter Schmerzen dekompensieren. Nun hat die Schmerzforschung einwandfrei bewiesen, dass Männer wesentlich schmerzbelastbarer sind als Frauen.

Folglich könnten Männer den Schmerz einer Geburt wesentlich besser ertragen als Frauen!

Da Frauen besonders schmerzempfindlich sind, ist es nur logisch, dass sie auch das Kinder kriegen als besonders schmerzhaft erleben. Je schmerzempfindlicher eine Frau ist, desto schmerzhafter wird sie auch im Nachhinein die Entbindung beschreiben.

Die Ergebnisse der Schmerzforschung zeigen: Würden Männer die Kinder kriegen, hätte das Gebären nicht so einen schmerzhaften Ruf!

Welche Schmerzen sind stärker als der Geburtsschmerz?

Wir leben heute in einer Zeit, in der wir wesentlich weniger Schmerzen ausgesetzt sind als in früheren Epochen. So ist es durchaus glaubwürdig, wenn eine Frau sagt, sie habe noch nie so starke Schmerzen erlitten wie unter der Geburt, denn schließlich hat sie keine Vergleichswerte.

Das ist so, wie wenn ein Tropenbewohner sagt, er habe noch nie so gefroren, wie damals in dem spektakulären Winter, als die Temperatur nachts auf sagenumwobene acht Grad Celsius abgekühlt ist. Nur weil er noch keine größere Kälte gespürt hat, heißt das noch lange nicht, dass keine stärkere Kälte existiert!

Wir brauchen also Vergleichswerte, um den Geburtsschmerz objektiver einordnen zu können. Dabei helfen uns die Aussagen von Frauen, die bereits Schmerzen erlebt haben, die stärker sind als der Geburtsschmerz:

Eine Bekannte von mir, eine schon ältere, kleine und schlanke Frau mit einem schmalen, nicht gerade gebärfreudigen Becken, berichtet, dass sie ihre drei Kinder allesamt zu Hause ohne irgendwelche schmerzlindernden Mittel zur Welt gebracht hat. Sie habe Schmerzen gehabt und sich anstrengen müssen, nicht zuletzt, weil sie so schmal gebaut ist. Wie sehr viele Frauen, so sagt auch sie, dass das Schlimmste am Geburtsschmerz die Rückenschmerzen seien. Das ist verständlich, denn an der Wirbelsäule laufen jede Menge Nervenbahnen entlang.

Als sie jedoch später einmal einen schweren Bandscheibenvorfall erlitt, habe sie im Bett gelegen und vor Schmerzen geschrieen. Das Kinder kriegen sei dagegen ziemlich harmlos gewesen. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn bei einem schweren Bandscheibenvorfall, wird unmittelbar Druck auf die empfindlichen Nervenbahnen ausgeübt.

Jeder, der einmal tiefe Verletzungen mit direkter Nervenbeteiligung hat, weiß, wie stark Schmerzen sein können.

Aber auch andere Schmerzen wurden mir bei meinen Recherchen von Frauen als stärker beschrieben, als der Geburtsschmerz: Starke Nieren- oder Gallenkoliken beispielsweise, oder großflächige Tätowierungen an schmerzempfindlichen Körperstellen, schwere Entzugskrämpfe, etc.

Letztendlich ist es eine einfache und logische Schlussfolgerung: Da Männer nachweislich schmerzresistenter sind als Frauen, muss es Schmerzen geben, die stärker sind als der Geburtsschmerz, da sich sonst niemals die hohe Schmerzresistenz der Männer herausgebildet hätte (siehe Kapitel „Evolution“).

Folter

Das unsinnige Gerücht des unübertreffbaren Geburtsschmerzes treibt die Fantasie vieler Mitmenschen zu ebenso unsinnigen Vergleichen. So bin ich bei meinen Recherchen mehrfach in diversen Internetforen auf die Meinung gestoßen, Frauen wären mit Sicherheit besser darin eine Folter zu überstehen als Männer, da Frauen schließlich auch den Geburtsschmerz aushalten müssten.

Hier wird Geburtsschmerz mit Folterschmerz verglichen. Das ist nicht nur unsinnig, sondern bereitet vielen Frauen unnötige Angst vor dem Kinder kriegen.

Folter ist das furchtbarste, was Menschen einander antun können, und es ist vollkommen unrealistisch, Folter mit Gebären auf eine Stufe zu stellen. Hier gibt es ganz dringend Aufklärungsbedarf!

Dass Folter in ganz andere Schmerzdimensionen vordringt als Kinder kriegen zeigt ein Beispiel anhand der Folter des Auspeitschens. Je nach Art der Peitsche und Stärke der Auspeitschung kann diese Form der Folter für immer furchtbare Spuren hinterlassen oder gar zum Tode führen.

Keine Frau sollte in der Angst leben müssen, dass Gebären mit echten Folterqualen gleichzusetzen ist. Das Folgende Beispiel ist erschreckend und grausam, soll aber zeigen, dass man Gebären und Folter keinesfalls auf eine Stufe stellen kann:

Was im Gegensatz zum Geburtsschmerz tatsächlich unerträgliche Schmerzen sind, zeigt ein Bericht über die berüchtigte Frauen-KZ-Aufseherin Dorothea Binz, die am 2.Mai 1947 für ihre Gräueltaten gehenkt wurde. Authentischen Berichten zufolge, ließ Dorothea Binz die Frauen schon für geringfügige Vergehen durch Peitschenhiebe auf das nackte Gesäß bestrafen. Je nach Konstitution zum Zeitpunkt der Schläge konnten die Frauen kaum mehr als 20 Schläge überleben, zwei mal 25 Schläge waren mit Sicherheit tödlich. (1)

Man muss bedenken, dass die Frauen durch Schläge auf das Gesäß keine inneren Verletzungen davongetragen haben, die zum Tode führten. Sie starben an den extremen Schmerzen der Auspeitschung. Starke Schmerzen können nämlich zu einem lebensgefährlichen neurogenen Schock führen. Hält man sich vor Augen, dass Frauen auch im KZ unter miserablen Bedingungen und gleich schlechter Konstitution Kinder zur Welt gebracht haben, ohne an den Geburtsschmerzen zu sterben, leuchtet es ein, dass die Schmerzen einer Auspeitschung wesentlich intensiver sind.

An diesem Beispiel wird deutlich: Keine Frau braucht zu fürchten, bei der Geburt unerträgliche Folterqualen erleben zu müssen. Man kann Folter und Geburtsschmerz unmöglich auf eine Stufe stellen!

Dass Männer schmerzbelastbarer sind als Frauen, zeigt nicht nur die moderne Schmerzforschung, sondern war schon in früheren Zeiten bekannt, wie ein weiteres Beispiel aus dem Bereich der Folter zeigt:

Dass Männer solch heftigen Schmerzen besser gewachsen sind, wusste man vor allem in Zeiten, als körperliche Züchtigung zum normalen Strafrecht gehörte. Meist wurden Frauen mit Rücksicht auf ihre geringere Schmerzbelastbarkeit mit milderen Züchtigungsstrafen bedacht als Männer, schließlich sollte es eine Bestrafung sein und keine Hinrichtung. Das Deutsche Strafgesetz 1794-1923 ist ein noch junges Beispiel für Rücksichtnahme auf die geringe weibliche Belastbarkeit. Da heiß es unter anderem: „Sie (Züchtigung durch die „bewährte“ Zuchtpeitsche) soll bei Männern schwerer, bei der gegen Frauen etwas leichter sein.“ Und weiter: Wenn bei „schwächeren Personen, besonders bei solchen weiblichen Geschlechts“, die „Schläge auf den entblößten Rücken erfolgen“, ist „die zu bestrafende Person an die Wand zu stellen“. (2)

Würde das unsinnige Gerücht stimmen, dass Männer schon an den Schmerzen einer Geburt sterben würden, so hätte man den Männern die mildere Strafe zugesprochen, denn sonst wäre kein Mann in der Lage gewesen, die wesentlich intensiveren Schmerzen einer Auspeitschung zu überleben.

Der Geburtsschmerz fällt also wesentlich erträglicher aus als manch andere Tortur, denn er soll weder Frau noch Kind gefährden, sondern dient vielmehr der Endorphinausschüttung (schmerzlinderndes und stimmungsaufhellendes Hormon), die zum einen das Kind vor traumatischem Geburtserleben schützt, zum anderen bei der Frau nach der Entbindung Glücksgefühle auslöst, die die Mutter-Kind-Bindung stärken. Endorphine werden schon bei leichten Schmerz- und Belastungszuständen in ausreichendem Maß ausgeschüttet. Man braucht dazu keine Folterqualen!

Sicherlich ist eine Geburt nicht immer ungefährlich, aber das ist Autofahren auch nicht, geschweige denn Jagen und Kämpfen, wie unsere Vorfahren es taten. Sollte einmal der Fall eintreten, dass eine Frau durch die Geburt ihres Kindes stirbt, so liegt das nicht an den Schmerzen, wie manch einer glaubt. Die häufigsten Todesursachen beim Kinderkriegen sind in Entwicklungsländern (schmerzfreie) Blutungen durch z. B. Placenta praevia (Mutterkuchen sitzt vor dem Muttermund) oder Infektionen durch unsachgemäße Geburtshilfe – der Tod tritt dann in den meisten Fällen zwei bis drei Tage nach der Entbindung auf, wenn der Geburtsschmerz schon lange vorbei ist. In den Industrieländern ist die häufigste Todesursache die Lungenembolie bzw. die Thrombose, wobei hier die westliche Lebensführung mit Fehlernährung und Bewegungsmangel eine große Rolle spielt.

Fazit:

Da es durchaus stärkere Schmerzen gibt, die von Männern und Frauen ertragen werden können, ist der Geburtsschmerz nicht der ausschlaggebende Faktor für die letztendliche Schmerzbelastbarkeit des menschlichen Körpers.

Wie stark ist der Geburtsschmerz?

Jede Frau empfindet den Geburtsschmerz anders. Manch eine empfindet kaum Schmerzen, andere wiederum sagen, sie seien an ihre Grenzen gestoßen. Das habe ich im persönlichen Gespräch mit Hebammen und auch Müttern erfahren. Besonders interessant fand ich jedoch, dass mir gesagt wurde, eine Geburt sei von ihrer eigentlichen Natur her gar nicht so schmerzhaft wie landläufig behauptet wird. Die Ursache für sehr starkes Schmerzempfinden bei der Geburt sei psychosomatischer Natur. Das heißt, dass Frauen sich aus bewusster oder unbewusster Angst sehr oft verkrampfen und so in das Schmerzerleben hineinsteigern.

Nun ist es tatsächlich so, dass Angst (auch unbewusste Angst) das Schmerzempfinden um etliches steigern kann. Es ist sogar nachgewiesen, dass vor allem Frauen unter Angst und Stress verstärkt mit gesteigertem Schmerzempfinden reagieren. (3)

Dass Angst den Schmerz um ein Vielfaches verstärken kann, leuchtet ein, wenn man sich einen Menschen mit Spritzenphobie vor Augen hält (Entgegen frei erfundener Vorurteile sind Frauen von der Spritzenphobie übrigens häufiger betroffen.) (4).

Eine normale intramuskuläre Injektion ist im Grunde genommen so gut wie schmerzfrei. Wenn man sich ein Haar ausreißt oder leicht in die Haut kneift, erlebt man in etwa die gleiche Schmerzsensation, die auch beim Einstich der Nadel entsteht. Im Muskel selbst ist die Nadel so gut wie nicht zu spüren, und das Injizieren kann allenfalls ein leichtes Druckgefühl verursachen, nicht stärker, als wenn man sich mit dem Daumen leicht auf den Muskel drückt.

Dennoch schwören SpritzenphobikerInnen bei einer Spritze wahnsinnige Schmerzen zu empfinden, manche verlieren sogar das Bewusstsein. Die Angst macht die harmlose Injektion zu einer extrem schmerzhaften Grenzerfahrung.

Dass eine Geburt von ihrem Wesen her keine starken Schmerzen verursacht, sondern dass ein verstärktes Schmerzempfinden auf die bewusste oder unbewusste Angst der Gebärenden zurückzuführen ist, bestätigt auch eine Kapazität auf diesem Gebiet, Frau Dr. Ingrid Olbircht, die als Chefärztin der Psychosomatischen Abteilung der Wicker-Klinik in Bad Wildungen neben vielen anderen Büchern das Sachbuch geschrieben hat „Was Frauen krank macht“.

In diesem Buch beschreibt sie das Problem wie folgt (ab S. 179ff):

1. Gebären ist seit Generationen in unserem Bewusstsein (bei Frauen und Männern) mit der Vorstellung starker Schmerzen behaftet.

2. Das Unterbewusstsein erwartet starke Schmerzen und reagiert mit Angst.

3. Die Angst führt zu extrem verstärktem Schmerzempfinden. Die Gebärende verkrampft sich und steigert sich in das Schmerzerleben hinein.

4. Ein Geburtsvorgang der eigentlich allenfalls mit leichten Schmerzen einhergegangen wäre wird als extrem schmerzhafte Grenzerfahrung erlebt.

Dieses Prinzip wird ausführlicher auf einer Internetseite beschrieben (um Missverständnissen vorzubeugen: Die Internetseite ist nicht von Frau Dr. Ingrid Olbricht) (5)

Frauenfeindlich?

Vereinzelt ist mir die Aussage, dass der Geburtsschmerz weitaus weniger spektakulär ist, als er oft dargestellt wird als chauvinistisch und frauenfeindlich vorgeworfen worden. Diese Verärgerung ist verständlich, wenn man bedenkt, dass die These, Frauen seien stärker als Männer, da sie den Geburtsschmerz ertragen müssen, feministisch motiviert ist. Feministinnen wollen damit erreichen, dass Frauen mehr Anerkennung bekommen. Davon zeugen etliche Trendsprüche, die sich durch die entsprechenden Medien an Mädchen und Frauen (bzw. Jungen und Männer) richten: Mädchen bzw. Frauen seien zäher, mutiger, stärker, belastbarer, ausdauernder, schmerzresistenter, etc. da sie den Geburtsschmerz überstehen müssen. Diese arg konstruierten Zusammenhänge sind zwar falsch, haben sich aber ebenso erfolgreich in den Köpfen der Masse festgesetzt, wie das Lemming-Märchen oder das Spinat-Eisen-Gerücht.

Solcherlei feministisch motivierte Thesen bewirken jedoch nicht nur Gutes. Vielleicht bringen sie Frauen mehr Anerkennung ein, auf der anderen Seite machen sie ihnen jedoch verständlicherweise Angst. Selbst bei Frauen, die sich zunächst ohne oder nur mit geringen Bedenken dem Entbindungstermin nähern, schlummern diese durch übertriebene Thesen erlernten Ängste im Unterbewusstsein und führen beim ersten eigentlich erträglichen Wehenschmerz zu Stress und innerer Anspannung. Die Folgen kennen wir: Verspannungen verursachen Schmerzen, diese führen zu noch mehr Anspannung. Der natürliche Geburtsvorgang wird gehemmt und teilweise extrem hinausgezögert; die Frau steigert sich in das Schmerzerleben hinein und erlebt die Geburt letztendlich ganz real als einen gewaltsamen, furchtbaren und vor allem schmerzhaften Vorgang.

Frauen wie Frau Dr. Olbricht wissen, dass es nicht so weit kommen muss. Indem sie Frauen darüber aufklären, dass Gebären nicht mit unerträglichen Schmerzen verbunden ist, dass beispielsweise Wehen je nach innerer Einstellung als „den Körper durchflutende Wellen“ gespürt werden können, versuchen sie den Frauen die eingeimpften Ängste zu nehmen, damit sie das Gebären wieder als natürlich, schmerzarm und Glück bringend empfinden können. Viele Erfahrungsberichte zeigen, dass dies durchaus realistisch ist.

Letztendlich müssen wir feststellen, dass im Grunde die eigentlich gut gemeinten feministisch motivierten Thesen frauenfeindlich sind, da sie Ängste schüren, die jeder Frau das Gebären unnötiger- und unnatürlicherweise zu einer Erfahrung machen, die als überaus schmerzhaft empfunden wird.


Die Stern-Redakteurin und Erfolgsautorin Ildikó von Kürthy scheint bei den Recherchen zu ihrem heiteren Roman „Mondscheintarif“ zu ähnlichen Erkenntnissen gelangt zu sein. Sie beschreibt in einer kleinen Episode neben der Haupthandlung recht anschaulich, wie eine Mutter um Anerkennung buhlt, indem sie auf jeder Familienfeier die Geburt ihrer Tochter ein Stück dramatischer ausschmückt. Letztendlich widerspricht eine Hebamme dieser künstlichen Dramaturgie, mit der lakonischen Bemerkung, eine Geburt sei in Bezug auf das Schmerzerleben objektiv gesehen lediglich so, als würde man den „größten Haufen seines Lebens scheißen – weiter nichts“ (Mondscheintarif, Seite 121).

Bedarf es besonderer Belastbarkeit um gebären zu können?

In einem Internetforum habe ich noch vor kurzem die Aufforderung gelesen, man solle Frauen „an die Macht“ lassen, mit der Begründung, Frauen könnten besser regieren, schließlich seien sie ausdauernder und belastbarer als Männer, da Frauen auch die Kinder kriegen müssen.

Hier wird Belastbarkeit und Ausdauer zur Grundvoraussetzung gemacht um Kinder kriegen zu können.

Im Klartext heiß das:

- Wer Kinder kriegen will, muss belastbar bzw. ausdauernd sein.

Das bedeutet im Umkehrschluss:

- Wer nicht belastbar bzw. ausdauernd ist, kann keine Kinder kriegen – schließlich könnte man sonst auch Kinder kriegen ohne belastbar und ausdauernd zu sein.

Jeder kennt Frauen (gerade in unserer Fernseh-Chips-Zigaretten-Gesellschaft gibt es unzählige davon), die körperlich so gering belastbar bzw. ausdauernd sind, dass sie schon nach dem Erklimmen der dritten Etage mit ihren Kräften am Ende sind, von einem Marathonlauf (womit eine Geburt gelegentlich verglichen wird) ganz zu schweigen. Davon würde einer solchen Frau jeder Arzt dringend abraten, wenn sie nicht aufgrund ihres desolaten Herz-Kreislaufsystems ihr Leben aufs Spiel setzen will. Konsequenterweise müsste man bei oben genannter Argumentationsweise solchen Frauen die Fähigkeit absprechen Kinder kriegen zu können. Das ist natürlich faktisch nicht haltbar. Natürlich können auch überaus schmerzempfindliche, gering belastbare und wenig ausdauernde Frauen Kinder kriegen. Eine besondere Ausdauer und Belastbarkeit ist zum Gebären nicht notwendig.

Fazit:

Die Fähigkeit Gebären zu können hat nichts zu tun mit der Fähigkeit starke Schmerzen oder Belastungen aushalten zu können.

Im Gegenteil: Da Frauen ein Kind im Bauch haben können, hat die Natur Frauen schmerzempfindlicher gemacht, damit sie sich und den Nachwuchs durch ein verstärktes Vermeidungsverhalten keinen unnötigen Risiken aussetzen. (Mehr dazu im Kapitel „Evolution“)

Männliche Ohnmacht


„Männer könnten nie eine Geburt überstehen. Sie fallen doch schon beim bloßen Anblick in Ohnmacht.“


Fallen Männer ständig bei Entbindungen in Ohnmacht?

Das Interessante an diesem Vorurteil ist die Tatsache, dass in der Realität lediglich ein kleiner Prozentsatz der anwesenden Männer in Ohnmacht fällt. Dieses Vorurteil ist somit ein gutes Beispiel dafür, dass sich männliches Versagen nicht nur besonders schnell herumspricht, sondern auch gerne verallgemeinernd und übertrieben dargestellt wird. Warum das so ist, wird im Kapitel „Wahrnehmung“ erklärt.

Die wenigen Männer, die ohnmächtig werden, fallen in der Hauptsache dann um, wenn die Frau eine Rückenmarksspritze bekommt. Es ist also nicht primär die Entbindung, die zum Kollaps führt, sondern die Sorge um das Wohl der Frau in Verbindung mit der Aufregung.

Eine Entbindung ist für Männer immer fremdes Terrain (in unserer Fantasie erscheinen Dinge oft bedrohlicher als sie in der Realität sind), sie ist immer mit besonderen Emotionen behaftet, und es handelt sich um die eigene Frau und das eigene Kind. Außerdem birgt jede Narkose immer ein Risiko, und schließlich lernt auch ein Mann von Kindheit an, dass eine Geburt grundsätzlich mit schrecklichsten Torturen und furchtbaren Gefahren behaftet ist. Wer das glaubt und beim Anblick seiner klagenden Frau nicht nervös wird steht wahrscheinlich kurz vor der Scheidung.

Werden Frauen nie ohnmächtig?

Ich habe mal mit einer Krankenschwester zusammen gearbeitet für die der Umgang mit Blut und Verletzungen an der Tagesordnung ist. Eines Tages erzählte sie mir – sie konnte es selbst nicht fassen – dass sie am Wochenende das Bewusstsein verloren hatte, als sie mit ansehen musste, wie sich ihr Mann in den Finger geschnitten hat.

Müssen wir nun davon ausgehen, dass diese Frau (oder gar alle Frauen) niemals einen Schnitt in ihren Finger überstehen könnte? Geschweige denn, ein Kind zur Welt zu bringen? Es bleibt zu überlegen ...

Wichtig:

Dieses Kapitel soll keiner Frau, die eine Geburt als sehr schmerzhaft empfunden hat, Anstellerei unterstellen. Egal wie eine Frau ihre Geburt erlebt – aus welchem Grund auch immer – so ist es für sie in dem Moment ihr ganz persönliches Empfinden, das als solches akzeptiert werden muss.

Quellenhinweise:

1: SS-Frau Dorothea Binz:

http://max.mmvi.de/ssfrauen/dorotheabinz.htm

2: Deutsches Strafgesetzbuch 1794-1923:

http://mywebpage.netscape.com/corpungermany/jur3.htm

(3) Angst verstärkt subjektives Schmerzempfinden:

http://www.sfa-ispa.ch/index.php?IDtheme=64&IDarticle=183&langue=D

(falls sich dieser Link aus unerklärlichen Gründen nicht öffnet, finden Sie dieselbe Info im letzten Link unter (2) im Kapitel Schmerzforschung)

(4) Spritzenphobie:

http://www.teachsam.de/psy/psy_pers/psy_pers_stoer/psy_pers_stoer_3_6_3.htm

(5) Starker Geburtsschmerz entsteht durch Angst:

http://www.attachment-parenting.de/geburt/shanley.htm

Samstag, 25. August 2007

www.GeschlechterStudien.de

DAS POPULÄRE VORURTEIL:
Kein Mann könnte jemals den Schmerz einer Geburt überstehen.


DIE WAHRHEIT:

Viele Frauen empfinden eine Geburt als so furchtbar schmerzhaft und belastend, weil Frauen von Natur aus weniger schmerzresistent und belastbar sind als Männer. Daher dekompensieren Frauen unter gleichen Schmerzen und Belastungen schneller als Männer.

Der Grund dafür liegt in der menschlichen Entwicklungsgeschichte, in der die Männer regelmäßig Belastungen ausgesetzt waren, die schmerzhafter und belastender waren als eine Geburt.



GEBURT


Männer könnten den Geburtsschmerz besser ertragen

„Kein Mann könnte jemals den Schmerz einer Geburt überstehen.“

So lautet ein gängiges Vorurteil. Die Verfechter dieser These begründen ihre Aussage wie folgt:

„Männer sind schmerzempfindlicher als Frauen. Daher könnten sie niemals die Schmerzen einer Geburt überstehen.“

Dieses Argument leuchtet zunächst einmal ein, besteht es doch aus einer logischen Schlussfolgerung: Wer schmerzempfindlicher ist kann letztendlich auch weniger Schmerzen ertragen.

Nun hat die moderne Schmerzforschung in etlichen Untersuchungen und Experimenten, eindeutig nachgewiesen wie schmerzempfindlich Frauen im direkten Vergleich mit Männern sind. Hier noch einmal zur Erinnerung die Ergebnisse der Schmerzforschung (siehe Kap. Schmerzforschung):

  1. Frauen klagen beim selben Schmerzreiz schneller darüber Schmerzen zu haben.
  2. Frauen ordnen dem selben Schmerzreiz eine höhere Intensität zu als Männer.
  3. Frauen bezeichnen den selben Schmerzreiz schneller als nicht mehr ertragbar.
  4. Frauen geben schneller auf bei Tätigkeiten, die mit Schmerzen verbunden sind.

Die Ergebnisse beweisen: Nehmen wir die Schmerzempfindlichkeit als Grundlage, so kommen wir nicht umhin, festzustellen, dass Männer die Schmerzen einer Geburt leichter ertragen könnten als Frauen es tun.

Es wird zwar gerne (natürlich ohne jegliche Beweisführung) das Gegenteil behauptet, aber:

Wenn Männer die Kinder kriegen müßten, gäbe es wesentlich weniger Kaiserschnitte und Narkosen!

Ist der weibliche Körper für das Ertragen von Schmerzbelastungen geschaffen?

Das Vorurteil, Frauen seien weniger schmerzempfindlich als Männer, wird noch durch eine weitere These gestützt:

„Die Schmerzen einer Geburt bringen eine Frau an die Grenze dessen, was sie aushalten kann. Daher muß der weibliche Körper dafür geschaffen sein, Schmerzen auszuhalten.“

Hier stellt sich eine interessante Frage:

Ist der Geburtsschmerz tatsächlich so hoch, oder sind Frauen einfach nur besonders schmerzempfindlich und stoßen daher schneller an ihre Grenzen?


Die moderne Schmerforschung hat herausgefunden, dass Frauen im direkten Vergleich mit Männern Schmerzen schneller als nicht mehr ertragbar empfinden, da sie Schmerz in einer höheren Intensität wahrnehmen. Die Ursache dessen liegt nicht nur in einer höheren Anzahl an Schmerzrezeptoren und einer geringeren Testosteronproduktion, sondern neben weiteren Faktoren auch an anderen Schmerzverarbeitungsmechanismen im Gehirn.


Der Grund dafür, dass Frauen beim Gebären oftmals an ihre Grenzen stoßen, liegt also nicht darin, dass Kinder kriegen so schmerzhaft ist, dass kein Mann das aushalten würde, sondern darin, dass Frauen besonders schmerzempfindlich sind. Wenn Männer Kinder kriegen könnten, würden sie aufgrund ihrer höheren Schmerzbelastbarkeit beim Gebären nicht so schnell oder vielleicht sogar gar nicht an ihre Grenzen stoßen.

Gibt es intensivere Schmerzen als den Geburtsschmerz?

Ein Grund, warum Männer schmerzbelastbarer sind als Frauen ist der, dass es etliche Schmerzarten gibt, die schmerzintensiver sind als eine Geburt. Da Männer in der Zeit, als unsere heutigen Erbanlagen geprägt wurden, nicht im selben geschützten Rahmen lebten wie die Frauen, waren sie diesen Schmerzarten wesentlich häufiger ausgesetzt, so dass nur die Belastbarsten überleben konnten.

Die Aussage mancher Frauen (und Männer), es gäbe keinen intensiveren Schmerz als den Geburtsschmerz ist äußerst subjektiv. So gibt es Frauen, die noch nie einen schweren Bandscheibenvorfall erlebt haben und sagen, sie hätten noch nie etwas schmerzhafteres erlebt als eine Geburt.

Es gibt auch Frauen, die nach einem schweren Bandscheibenvorfall sagen, sie hätten nie gedacht, dass es etwas schmerzhafteres gibt als eine Geburt, nun aber würden sie lieber gebären, als nochmal die Schmerzen eines Bandscheibenvorfalls erleben zu müssen.

Was viele Frauen des weiteren als schmerzhafter beschreiben als eine Geburt sind unter anderem starke Nieren- bzw. Gallenkoliken, schwere Entzugskrämpfe, großflächige Tätowierungen an empfindlichen Körperstellen, eine schmerzhafte Sonderbehandlung beim Zahnarzt oder, was in unserer Gegend zum Glück nicht mehr an der Tagesordnung ist, Folter, etc.

Was im Gegensatz zum Geburtsschmerz tatsächlich unerträgliche Schmerzen sind, zeigt ein Bericht über die berüchtigte Frauen-KZ-Aufseherin Dorothea Binz, die am 2.Mai 1947 für ihre Gräueltaten gehenkt wurde. Authentischen Berichten zufolge, ließ Dorothea Binz die Frauen schon für geringfügige Vergehen durch Peitschenhiebe auf das nackte Gesäß bestrafen. Je nach Konstitution zum Zeitpunkt der Schläge konnten die Frauen kaum mehr als 20 Schläge überleben, zwei mal 25 Schläge waren mit Sicherheit tödlich. (1)

Man muss bedenken, dass die Frauen durch Schläge auf das Gesäß keine inneren Verletzungen davongetragen haben, die zum Tode führten. Folglich starben sie an den extremen Schmerzen der Auspeitschung. Starke Schmerzen können nämlich zu einem lebensgefährlichen neurogenen Schock führen. Hält man sich vor Augen, dass Frauen auch im KZ unter miserablen Bedingungen Kinder zur Welt gebracht haben, ohne an den Geburtsschmerzen zu sterben, leuchtet es ein, dass die Schmerzen einer Auspeitschung wesentlich intensiver sind.

Dass Männer solch heftigen Schmerzen besser gewachsen sind, wusste man vor allem in Zeiten, als körperliche Züchtigung zum normalen Strafrecht gehörte. Meist wurden Frauen mit Rücksicht auf ihre geringere Schmerzbelastbarkeit mit milderen Züchtigungsstrafen bedacht als Männer, schließlich sollte es eine Bestrafung sein und keine Hinrichtung. Das Deutsche Strafgesetz 1794-1923 ist ein noch junges Beispiel für Rücksichtnahme auf die geringe weibliche Belastbarkeit. Da heiß es unter anderem: „Sie (Züchtigung durch die „bewährte“ Zuchtpeitsche) soll bei Männern schwerer, bei der gegen Frauen etwas leichter sein.“ Und weiter: Wenn bei „schwächeren Personen, besonders bei solchen weiblichen Geschlechts“, die „Schläge auf den entblößten Rücken erfolgen“, ist „die zu bestrafende Person an die Wand zu stellen“. (2)

Angenommen Männer würden schon an den Schmerzen einer Geburt sterben, so hätte man den Männern die mildere Strafe zugesprochen, weil sonst kein Mann in der Lage gewesen wäre, die wesentlich intensiveren Schmerzen einer Auspeitschung zu überleben.


Der Geburtsschmerz fällt also wesentlich erträglicher aus als manch andere Tortur, denn er soll weder Frau noch Kind gefährden, sondern dient vielmehr der Endorphinausschüttung, die zum einen das Kind vor traumatischem Geburtserleben schützt, zum anderen bei der Frau nach der Entbindung Glücksgefühle auslöst, die die Mutter-Kind-Bindung stärken. Und Endorphine werden schon bei leichten Schmerz- und Belastungszuständen in ausreichendem Maß ausgeschüttet.

Sicherlich ist eine Geburt nicht immer ungefährlich, aber das ist Mammutjagen auch nicht. Sollte einmal der Fall eintreten, dass eine Frau durch die Geburt ihres Kindes stirbt, so liegt das nicht an den Schmerzen, wie manch einer glaubt. Die häufigsten Todesursachen beim Kinderkriegen sind in Entwicklungsländern (schmerzfreie) Blutungen oder Infektionen durch unsachgemäße Geburtshilfe – der Tod tritt dann in den meisten Fällen zwei bis drei Tage nach der Entbindung auf, wenn der Geburtsschmerz schon lange vorbei ist. In den Industrieländern ist die häufigste Todesursache die Lungenembolie oder die Thrombose.

Fazit:

Da es durchaus stärkere Schmerzen gibt, die von Männern und Frauen ertragen werden können, ist der Geburtsschmerz nicht der ausschlaggebende Faktor für die letztendliche Schmerzbelastbarkeit des menschlichen Körpers.


Wie stark ist der Geburtsschmerz?

Jede Frau empfindet den Geburtsschmerz anders. Manch eine empfindet kaum Schmerzen, andere wiederum sagen, sie seien an ihre Grenzen gestoßen. Das habe ich im persönlichen Gespräch mit mehreren Hebammen erfahren. Besonders interessant fand ich jedoch, dass mir gesagt wurde, eine Geburt sei von ihrer eigentlichen Natur her gar nicht so schmerzhaft wie landläufig behauptet wird. Die Ursache für sehr starkes Schmerzempfinden bei der Geburt sei psychosomatischer Natur. Das heißt, dass Frauen sich aus Angst sehr oft verkrampfen und in das Schmerzerleben hineinsteigern.

Nun ist es tatsächlich so, dass Angst das Schmerzempfinden um etliches steigern kann. Es ist nachgewiesen, das vor allem Frauen unter Angst und Stress verstärkt mit gesteigertem Schmerzempfinden reagieren. (3)

Das leuchtet ein, wenn man sich einen Menschen mit Spritzenphobie vor Augen hält – Frauen sind übrigens häufiger betroffen (4).

Eine normale intramuskuläre Injektion ist im Grunde genommen so gut wie schmerzfrei. Wenn man sich ein Haar ausreißt oder leicht in die Haut kneift, erlebt man in etwa die gleiche Schmerzsensation, die auch beim Einstich der Nadel entsteht. Im Muskel selbst ist die Nadel so gut wie nicht zu spüren, und das Injizieren kann allenfalls ein leichtes Druckgefühl verursachen, nicht stärker, als wenn man sich mit dem Daumen leicht auf den Muskel drückt.

Dennoch schwören SpritzenphobikerInnen bei einer Spritze wahnsinnige Schmerzen zu empfinden, manche verlieren sogar das Bewusstsein. Die Angst macht die harmlose Injektion zu einer extrem schmerzhaften Grenzerfahrung.

Dass eine Geburt von ihrem Wesen her keine starken Schmerzen verursacht, sondern dass ein verstärktes Schmerzempfinden auf die Angst der Gebärenden zurückzuführen ist, bestätigt auch eine Kapazität auf diesem Gebiet, Frau Dr. Ingrid Olbircht, die als Chefärztin der Psychosomatischen Abteilung der Wicker-Klinik in Bad Wildungen neben vielen anderen Büchern das Sachbuch geschrieben hat „Was Frauen krank macht“.

In diesem Buch beschreibt sie das Problem wie folgt (ab S. 179ff):

1. Gebären ist seit Generationen in unserem Bewusstsein (bei Frauen und Männern) mit der Vorstellung starker Schmerzen behaftet.

2. Das Unterbewusstsein erwartet starke Schmerzen und reagiert mit Angst.

3. Die Angst führt zu extrem verstärktem Schmerzempfinden. Die Gebärende verkrampft sich und steigert sich in das Schmerzerleben hinein.

4. Ein Geburtsvorgang der eigentlich allenfalls mit leichten Schmerzen einhergegangen wäre wird als extrem schmerzhafte Grenzerfahrung erlebt.

Dieses Prinzip wird ausführlicher auf einer Internetseite beschrieben (um Missverständnissen vorzubeugen: Die Internetseite ist nicht von Frau Dr. Ingrid Olbricht) (5)


Frauenfeindlich?


Vereinzelt ist mir die Aussage, dass der Geburtsschmerz weitaus weniger spektakulär ist, als er oft dargestellt wird als chauvinistisch und frauenfeindlich vorgeworfen worden. Diese Verärgerung ist verständlich, wenn man bedenkt, dass die These, Frauen seien stärker als Männer, da sie den Geburtsschmerz ertragen müssen, feministisch motiviert ist. Feministinnen wollen damit erreichen, dass Frauen mehr Anerkennung bekommen. Davon zeugen etliche Trendsprüche, die sich durch die entsprechenden Medien an Mädchen und Frauen (bzw. Jungen und Männer) richten: Mädchen bzw. Frauen seien zäher, mutiger, stärker, belastbarer, ausdauernder, schmerzresistenter, etc. da sie den Geburtsschmerz überstehen müssen. Abgesehen davon, dass diese konstruierten Zusammenhänge falsch sind, ist die Kampagne durchaus gut gemeint und trägt spürbar Früchte: Wir haben diese Thesen ähnlich stark verinnerlicht, wie die These, dass sich Lemminge in suizidaler Absicht ins Meer stürzen (was nicht stimmt, wie beispielsweise ein eindrucksvoller Bericht in der Zeitschrift Geo zeigt – die Lemming-These beruht lediglich auf der Falschaussage in einem Disney-Film, was zeigt, wie schnell wir bereit sind Irrtümer anzunehmen).

Solcherlei feministisch motivierte Thesen bewirken jedoch nicht nur Gutes. Vielleicht bringen sie Frauen mehr Anerkennung ein, auf der anderen Seite machen sie ihnen jedoch verständlicherweise Angst. Selbst bei Frauen, die sich zunächst ohne oder nur mit geringen Bedenken dem Entbindungstermin nähern, schlummern diese durch übertriebene Thesen erlernten Ängste im Unterbewusstsein und führen beim ersten eigentlich erträglichen Wehenschmerz zu Stress und realer Angst. Die Folgen kennen wir: Angst führt zu noch mehr Angst, zu Verspannungen, die Schmerzen verursachen und den natürlichen Geburtsvorgang hemmen und teilweise extrem hinauszögern; die Frau steigert sich in das Schmerzerleben hinein und erlebt die Geburt letztendlich ganz real als einen gewaltsamen, furchtbaren und vor allem schmerzhaften Vorgang.

Frauen wie Frau Dr. Olbricht wissen, dass es nicht so weit kommen muss. Indem sie Frauen darüber aufklären, dass Gebären nicht mit unerträglichen Schmerzen verbunden ist, dass beispielsweise Wehen je nach innerer Einstellung als „den Körper durchflutende Wellen“ gespürt werden können, versuchen sie den Frauen die eingeimpften Ängste zu nehmen, damit sie das Gebären wieder als natürlich, schmerzarm und glückbringend empfinden können. Viele Erfahrungsberichte zeigen, dass dies durchaus realistisch ist.

Letztendlich müssen wir feststellen, dass im Grunde die eigentlich gut gemeinten feministisch motivierten Thesen frauenfeindlich sind, da sie Ängste schüren, die jeder Frau das Gebären unnötiger- und unnatürlicherweise zu einer Erfahrung machen, die als überaus schmerzhaft empfunden wird.


Die Stern-Redakteurin und Erfolgsautorin Ildikó von Kürthy scheint bei den Recherchen zu ihrem heiteren Roman „Mondscheintarif“ zu ähnlichen Erkenntnissen gelangt zu sein. Sie beschreibt recht anschaulich, wie eine Mutter um Anerkennung buhlt, indem sie auf jeder Familienfeier die Geburt ihrer Tochter ein Stück dramatischer ausschmückt. Letztendlich widerspricht eine Hebamme dieser künstlichen Dramaturgie, mit der lakonischen Bemerkung, eine Geburt sei lediglich so, als würde man den größten Haufen seines Lebens scheißen – weiter nichts (Mondscheintarif, Seite 121).


Bedarf es besonderer Belastbarkeit um gebären zu können?

In einem Internetforum habe ich noch vor kurzem die Aufforderung gelesen, man solle Frauen „an die Macht“ lassen, mit der Begründung, Frauen könnten besser regieren, schließlich seien sie ausdauernder und belastbarer als Männer, da Frauen auch die Kinder kriegen müssen.

Im Klartext heiß das:

- Wer Kinder kriegen will, muss belastbar bzw. ausdauernd sein.

Das bedeutet im Umkehrschluss:

- Wer nicht belastbar bzw. ausdauernd ist, kann keine Kinder kriegen.

Jeder kennt Frauen (gerade in unserer Fernseh-Chips-Zigaretten-Gesellschaft gibt es unzählige davon), die körperlich so gering belastbar bzw. ausdauernd sind, dass sie schon nach dem Erklimmen der dritten Etage mit ihren Kräften am Ende sind, von einem Marathonlauf (womit eine Geburt gelegentlich verglichen wird) ganz zu schweigen. Davon würde einer solchen Frau jeder Arzt dringend abraten, wenn sie nicht aufgrund ihres desolaten Herz-Kreislaufsystems ihr Leben aufs Spiel setzen will. Konsequenterweise müsste man bei o.g. Argumentationsweise solchen Frauen die Fähigkeit absprechen Kinder kriegen zu können. Das ist natürlich faktisch nicht haltbar. Natürlich können auch überaus schmerzempfindliche, gering belastbare und wenig ausdauernde Frauen Kinder kriegen. Eine besondere Ausdauer und Belastbarkeit ist zum Gebären nicht notwendig.

Fazit:

Die Fähigkeit Gebären zu können hat nichts zu tun mit der Fähigkeit starke Schmerzen oder Belastungen aushalten zu können.

Im Gegenteil: Da Frauen ein Kind im Bauch haben können, hat die Natur Frauen schmerzempfindlicher gemacht, damit sie sich und den Nachwuchs durch ein verstärktes Vermeidungsverhalten keinen unnötigen Risiken aussetzen. (Mehr dazu im Kapitel „Evolution“)


Männliche Ohnmacht


„Männer könnten nie eine Geburt überstehen. Sie fallen doch schon beim bloßen Anblick in Ohnmacht.“


Fallen Männer ständig bei Entbindungen in Ohnmacht?

Das Interessante an diesem Vorurteil ist die Tatsache, dass in der Realität lediglich ein kleiner Prozentsatz der anwesenden Männer in Ohnmacht fällt. Dieses Vorurteil ist somit ein gutes Beispiel dafür, dass sich männliches Versagen nicht nur besonders schnell herumspricht, sondern auch gerne verallgemeinernd und übertrieben dargestellt wird. Warum das so ist, wird im Kapitel „Wahrnehmung“ erklärt.

Die wenigen Männer, die ohnmächtig werden, fallen in der Hauptsache dann um, wenn die Frau eine Rückenmarksspritze bekommt. Es ist also nicht primär die Entbindung, die zum Kollaps führt, sondern die Sorge um das Wohl der Frau in Verbindung mit der Aufregung.

Eine Entbindung ist für Männer immer fremdes Terrain (in unserer Fantasie erscheinen Dinge oft bedrohlicher als sie in der Realität sind), sie ist immer mit besonderen Emotionen behaftet, und es handelt sich um die eigene Frau und das eigene Kind. Außerdem birgt jede Narkose immer ein Risiko, und schließlich lernt auch ein Mann von Kindheit an, dass eine Geburt grundsätzlich mit schrecklichsten Torturen und furchtbaren Gefahren behaftet ist. Wer das glaubt und beim Anblich seiner klagenden Frau nicht nervös wird steht wahrscheinlich kurz vor der Scheidung.

Werden Frauen nie ohnmächtig?

Ich habe mal mit einer Krankenschwester zusammen gearbeitet für die der Umgang mit Blut und Verletzungen an der Tagesordnung ist. Eines Tages erzählte sie mir – sie konnte es selbst nicht fassen – dass sie am Wochenende das Bewusstsein verloren hatte, als sie mit ansehen musste, wie sich ihr Mann in den Finger geschnitten hat.

Müssen wir nun davon ausgehen, dass diese Frau (oder gar alle Frauen) niemals einen Schnitt in ihren Finger überstehen könnte? Es bleibt zu überlegen ...


Wichtig:

Dieses Kapitel soll keiner Frau, die eine Geburt als sehr schmerzhaft empfunden hat, Anstellerei unterstellen. Egal wie eine Frau ihre Geburt erlebt – aus welchem Grund auch immer – so ist es für sie in dem Moment ihr ganz persönliches Empfinden, das als solches akzeptiert werden muss.

Ziel dieses Kapitels ist es, wertfrei über Vorurteile und Tatsachen aufzuklären. Auf keinen Fall sollen Frauen oder Männer in irgendeiner Form als bessere oder schlechtere Menschen bewertet werden. Das Bewerten sowie die Verbreitung frei erfundener Studien und anderer Unwahrheiten ist Aufgabe bestimmter Chauvinisten und bestimmter Feministen.


Quellenhinweise:

1: SS-Frau Dorothea Binz:

http://max.mmvi.de/ssfrauen/dorotheabinz.htm

2: Deutsches Strafgesetzbuch 1794-1923:

http://mywebpage.netscape.com/corpungermany/jur3.htm

(3) Angst verstärkt subjektives Schmerzempfinden:

http://www.sfa-ispa.ch/index.php?IDtheme=64&IDarticle=183&langue=D

(falls sich dieser Link aus unerklärlichen Gründen nicht öffnet, finden Sie dieselbe Info im letzten Link unter (2) im Kapitel Schmerzforschung)

(4) Spritzenphobie:

http://www.teachsam.de/psy/psy_pers/psy_pers_stoer/psy_pers_stoer_3_6_3.htm

(5) Starker Geburtsschmerz entsteht durch Angst:

http://www.attachment-parenting.de/geburt/shanley.htm